Psychometrie und Social Media
Psychometrie behandelt allgemein die Theorie und Methodik des psychologischen Messens. Im Bereich Social Media geht es dabei vor allem um eine mögliche Auswertbarkeit der riesigen Datenmengen, die die Nutzer auf den unterschiedlichen Plattformen generieren. Mit den Erkenntnissen der Psychometrie soll Big Data für kommerzielles und politisches Targeting nutzbar gemacht und Kunden- und Nutzerprofile erarbeitet werden. Schlagzeilen hat die Psychometrie nach dem Brexit-Votum in Großbritannien und der Präsidentenwahl 2016 in den USA gemacht, bei denen eine gezielte Wähleransprache nach Auswertung der Facebookprofile stattgefunden haben soll. Berichtet wurde beispielsweise von der gezielten Zuspielung falscher Berichte an unentschlossene Wähler, die damit von der Stimmabgabe abgehalten werden sollten. Wie entscheidend das für den Ausgang der jeweiligen Abstimmungen wirklich gewesen ist, ist jedoch noch umstritten.
Federführend bei der Auswertung der digitalen Fußabdrücke in den Netzwerken sind derzeit auf Forschungsseite die Universitäten Cambridge in Großbritannien und Stanford in den USA, die sich jedoch von jeglicher Hilfestellung für Wahlmanipulationen ausdrücklich distanziert haben. Vielmehr haben private Unternehmen wie Cambridge Analytica (CA) und Aggregate IQ in Kanada die Forschungsergebnisse der Universitäten aufgegriffen und für ihre Kunden zur Anwendung gebracht.
Pionier auf Forschungsseite ist der Psychologe und Datenforscher Michael Kosinksi [1], der Direktor am Psychometrie-Institut der Universität Cambridge war, bevor er nach Stanford wechselte. Basis seiner Arbeit war die Zusammenfügung des Big Five - Persönlichkeitskonzepts (Englisch: OCEAN-Modell) aus der Psychologie mit den Datenmengen von Facebook. Die fünf Dimensionen, die die Persönlichkeit jedes Menschen beschreiben, sind demnach Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion (Geselligkeit), Verträglichkeit (Empathie) und Neurotizismus (Labilität, Angreifbarkeit). Kosinski zeigte, dass eine Auswertung der Computer-Daten besser zur Persönlichkeitsbestimmung geeignet war, als die Auswertung der von den Personen selbst ausgefüllten Fragebögen. 2012 gelang Kosinski der Nachweis, dass man aus nur 68 Facebook-Likes zu 80 bis 90 prozentiger Sicherheit Hautfarbe, sexuelle Neigung und politische Gesinnung herauslesen kann[2]. Seitdem wurde der Ansatz weiter verfeinert. Exemplarisch kann jedes Facebook-Mitglied seinen account auf einer eigenen Institutswebseite [3] analysieren lassen.
Ännlicher Methodik hat sich für den Bereich Marketing Barrie Gunter bedient und sich mit der Psychografie und Erstellung von ausgereiften Konsumentenprofilen im Zeitalter der digitalen Medien beschäftigt, wodurch die Kundenansprache bei Facebook immer gezielter möglich werden soll.