Digitale Identität im Web 2.0
Digitale Identität im Web 2.0
Die digitale Identität im Kontext des Web 2.0 umfasst alle personenbezogenen Daten, Profile und Aktivitäten sowie Interaktionen, die Nutzer/ -innen seit den 2000er Jahren im Internet hinterlassen. Durch die aktive Mitgestaltung des Web 2.0 hinterlässt jede Aktion (Verfassen von Kommentaren und Posts, Liken von Beiträgen, Teilen von Inhalten, Nutzung von Online-Plattformen und -diensten) einen digitalen Fingerabdruck und bildet somit eine individuelle digitale Identität eines Users.
Web 2.0 markiert eine grundlegende Umwälzung des Internets von statischen Informationsangeboten zu dynamischen, interaktiven Plattformen, die von Nutzer/ -innen gemeinsam mitgestaltet werden. Technologien wie AJAX ermöglichen eine nahtlose Nutzererfahrung, während soziale Medien wie Facebook, LinkedIn, TikTok und Instagram die weltweite Vernetzung und den Austausch von Erfahrungen und Ideen in Echtzeit förderten. Mit dem Aufkommen mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets wurde die Nutzung sozialer Netzwerke verstärkt, was die digitale Identität zunehmend zum allgegenwärtigen Bestandteil des täglichen Lebens machte. Diese Entwicklung wird durch Cloud-Technologien, Apps und die fortschreitende Digitalisierung beschleunigt, die den ständigen und ortsunabhängigen Zugang zur digitalen Identität ermöglichen. [1]
Technologisch gesehen hat Web 2.0 auch eine stärkere Vernetzung ermöglicht, bei der Nutzerprofile, soziale Netzwerke, Foren und Services miteinander interagieren. Das Internet wurde zu einer Plattform für soziale und ideelle Netzwerke, in der Nutzerprofile selbst zu attraktiven, recherchierbaren Inhalten wurden und Kontakte Aufschluss über den Aktivitätsgrad und die Diskursbeteiligung gaben. Persönliche Dokumente und private Erlebnisse werden immer stärker im virtuellen Raum geteilt und bilden so dauerhafte digitale Identitäten, welche eng mit der realen Persönlichkeit verwoben sind.
Merkmale der digitalen Identität im Web 2.0
Nach der OECD (= Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) besitzt die digitale Identität mehrere zentrale Merkmale:
- Dynamisch: Sie verändert sich fortlaufend, abhängig von der Online-Aktivität und geteilten Inhalten
- Sozial: Sie entsteht durch Interaktionen in sozialen Netzwerken, Foren und Plattformen
- Indirekt: Menschen begegnen sich über digitale Profile, nicht physisch, wodurch Selbstdarstellung eine zentrale Rolle spielt
- Subjektiv: Ihre Wahrnehmung ist abhängig von der Meinung und Interpretation anderer Nutzer/ -innen
- Kontextabhängig: Die Bedeutung digitaler Handlungen hängt vom jeweiligen Kommunikationsfeld ab
- Wertvoll: Die Identität kann Rückschlüsse auf Kompetenzen, Interessen und soziale Stellung im Netz erlauben, etwa bei der Jobsuche oder Markenbildung
Diese Merkmale reflektieren die Komplexität der digitalen Identität im sozialen Web, in dem nicht nur die Inhalte, sondern auch die Beziehungen und sozialen Netzwerke eine entscheidende Rolle spielen. Die Identität entsteht in einem sozialen Prozess, in dem Selbstbild und Fremdbild ineinanderfließen und sich gegenseitig beeinflussen. [2]
Identität 2.0 und Selbstinszenierung
Der Begriff Identität 2.0 beschreibt die zunehmend komplexe Verbindung zwischen realer und virtueller Persönlichkeit. Plattformen wie Facebook, LinkedIn, TikTok oder Instagram ermöglichen die gezielte Selbstdarstellung, wodurch Nutzer/ -innen aktiv an der Konstruktion ihres digitalen Images (das Kreieren einer Eigenmarke, eines Personal Brand) mitwirken. Diese digitale Identität ist zugleich Ausdruck persönlicher und sozialer Identifikation. Sie zeigt, wer man ist oder wie man gesehen werden möchte. Eine Rückmeldung/ soziale Bestätigung erfolgt prompt durch Likes, Beiträge und Followerzahlen und vermittelt den Erfolg bzw. Einfluss der eigenen Darstellung.
Die Selbstdarstellung im Web 2.0 ist nicht nur individualistisch, sondern auch sozial bedingt: Sie dient dem Aufbau sozialer Beziehungen, dem Teilen von Lebenswelten und Erfahrungen sowie der Positionierung in Communities. Die Möglichkeit einer authentisch wirkenden Online-Präsenz wird zunehmend wichtiger, da die Grenzen zwischen Privatem und Öffentlichem, zwischen Hobby und Beruf fließend werden. Insbesondere junge Menschen und Berufstätige beeinflusst diese Identitätskonstruktion soziale Anerkennung und berufliche Chancen, wodurch digitale Identitäten an Bedeutung gewinnen. [3]
Herausforderungen und Risiken
Mit wachsender Bedeutung der digitalen Identität steigen auch die Risiken, Identitätsdiebstahl, Datenspuren und manipulierte Online-Wahrnehmungen (bspw. Video vom Papst auf dem Laufsteg) stellen große Herausforderungen dar. Die Vielzahl von Online-Profilen erhöht die Gefahr der Verlustkontrolle über eigene Daten. Laut Schätzungen besitzt der durchschnittliche Internetbenutzer über 90 verschiedene digitale Identitäten, für jede Plattform oder Anwendung eine eigene. Darum setzen viele Unternehmen bereits verstärkt auf einen umfangreichen Datenschutz, Verschlüsselungen und sichere Authentifizierungsmechanismen (wie z.B. die Zwei-Faktor-Authentisierung (2FA)).
Wird ein Account erst einmal gehackt, oder die Identität geklaut, ist der Schaden groß und nur aufwendig zu beheben. Vernetzte Profile ermöglichen umfassende Datenanalysen, die zum gezielten Anbieten personalisierter Werbung, aber auch zu Manipulationen genutzt werden können. Mechanismen wie umfassendes Tracking, Standortdaten und Konsumverhalten werden im Hintergrund häufig ohne explizite Zustimmung der Nutzer erfasst und ausgewertet. Dies führt zu einem Verlust von Privatsphäre und kann langfristige Folgen für die persönliche Reputation haben.
Da Inhalte im Internet kaum vollständig gelöscht werden können, hat die digitale Identität auch eine nachhaltige Wirkung. Problematische oder unbedachte Inhalte aus der Vergangenheit, wie frühere Fotos, Posts oder Meinungen, können etwas bei Bewerbungen oder im sozialen Umfeld zu Nachteilen führen. Aus diesen Gründen findet in vielen Ländern eine Debatte über den Schutz von Minderjährigen und ein Mindestalter für Social-Media-Nutzung statt. Studien zeigen, dass insbesondere jüngere Nutzer/-innen ihre digitale Identität als wichtigen Bestandteil ihrer Persönlichkeit ansehen, gleichzeitig aber der soziale Druck und das Streben nach Online-Anerkennung psychische Risiken bergen. [4]
Digitale Resilienz und Medienkompetenz
Angesichts der wachsenden Bedeutung digitaler Identitäten gewinnt auch die Förderung von Medienkompetenz zunehmend an Relevanz. Nutzer/-innen müssen lernen, ihre Daten bewusst zu verwalten, Risiken zu erkennen und sich vor Manipulationen zu schützen. Digitale Resilienz, also die Fähigkeit mit de Herausforderungen der digitalen Welt souverän umzugehen, wird zu einer Schlüsselkompetenz in Bildung, Beruf und Alltag. Schulen, Unternehmen und politische Institutionen sind gefordert, entsprechende Bildungsangebote zu schaffen, um einen verantwortungsvollen und reflektierten Umgang mit digitalen Identitäten zu fördern.
Ausblick
Digitale Identität entwickelt sich ständig weiter. Mit dem Übergang zum Web 3.0, das stärker auf künstliche Intelligenz, semantische Vernetzung und dezentrale Identitätsmodelle setzt, eröffnen sich neue Möglichkeiten zur besseren Kontrolle über persönliche Daten und zur Sicherstellung von Privatsphäre und Sicherheit. Konzepte wie Self-Sovereign-Identity (SSI) zielen darauf ab Nutzern mehr Kontrolle über ihre Identitätsinformationen zu geben, indem Daten nur dann geteilt werden, wenn dies explizit gewünscht ist.
Insgesamt bleibt die digitale Identität ein wesentlicher Bestandteil der digitalen Gesellschaft. Sie verbindet technische, soziale und rechtliche Dimensionen und verlangt von Nutzer/-innen, Unternehmen und Gesetzgebern ein verantwortungsbewusstes und sensibles Handeln.
Quellen
- https://blog.seeburger.com/de/die-evolution-des-internets-von-web-1-0-2-0-3-0-bis-4-0/
- https://www.buergergesellschaft.de/mitentscheiden/handlungsfelder-themen/digitale-demokratie/e-partizipation/das-soziale-netz-web-20/
- https://www.kubi-online.de/artikel/medienkommunikation-web-2-0
- https://www.gi-de.com/de/spotlight/digital-security/die-identitaet-im-digitalen-zeitalter